Aufgekommene Fragen...

 
   
     
 
 
     
  Ich wurde gefragt:  
  [...] und das zweite wo ich so im laufe des durchschauens drüber nachgedacht hab, war, wie du wohl mit einem völlig aggressiven, bzw. also verängstigten pferd anfangen würdest.. bzw. mit so einem pferd, das erstmal anfängt zu testen, oder besser was sagst du dazu.. hm wie schreib ich das, na wenn ich jetzt sage ein "dominantes" pferd ist das wort recht unpassend nach dem lesen der seite hier, aber halt so ein pferd, dass einen menschen nicht aktzeptiert. das gibs doch auch dann, wenn der mensch ne autoritäre ausstrahlung hat, ich denk nicht, dass die eigene freundliche autoritäre ausstrahlung von anfang an immer ausreicht!?  
     
  Meine Meinung dazu:  
  Diese Fragen muss man unbedingt (!!) getrennt sehen:
ein „vorbelastetes“ Pferd, welches auf Grund von schlechten Erfahrungen aus Angst aggressiv oder ablehnend reagiert, ist etwas ganz anderes als ein charakterstarkes Pferd, das eine starke (Menschen-) Persönlichkeit benötigt um sich vertrauensvoll anschließen zu können (wie Du sagst „testet“).

Also erst einmal zu „vorbelasteten“ Pferden:
Zu „vorbelasteten“ Pferden würde ich u.a. solche zählen, die eine schlechte „Kindheit“ hatten, nicht artgerecht aufgewachsen sind / gehalten werden, vermenschlicht / verhätschelt wurden, als Sportgerät / Schaukelpferd oder Püppchen missbraucht wurden, gewalttätig behandelt wurden und anderes. Die meisten sogenannten „Problempferde“ werden so von Menschen „handgemacht“. Solche Pferde reagieren entweder mit Gegenwehr, also Aggression und Widersetzlichkeit oder mit Resignation, also Apathie und Teilnahmslosigkeit auf den Menschen. Das Unterbewusstsein (von Mensch und Tier) ist ein gigantisch großer Speicher von Erfahrungen, Erlebnissen, Sinneseindrücken und Gefühlen. Passiert etwas in der Gegenwart, so sucht das Unterbewusstsein nach Vergleichen aus der Vergangenheit - so entsteht eine Reaktion im hier und heute, die in einer "Ursache" der Vergangenheit begründet ist. Das erklärt, warum sich solche „vorbelasteten“ Pferde nicht selbst heilen können – es muss bewusst an dem Trauma gearbeitet werden, durch einfach „sein“ lassen passiert wenig, das Verhalten wird höchstens in der Intensität etwas abgeschwächt. (-- Meine Buchtipps für Interessierte: "Die Macht Ihres Unterbewusstseins" und alle anderen Bücher von Joseph Murphy, "Begegnungen mit dem Inneren Kind" M.Mary, "Die Erkenntnisse von Celestine" Redfield, "Der Weg mit Pferden-ein Weg zu mir" S. Schwaiger, „Die geistigen Gesetze“ Kurt Tepperwein, u.a.) Ich arbeite also bewusst an dem "verankerten“ Verhalten der Pferde, wenn die Auseinandersetzung mit der Angst den Pferden eine "Erleichterung" im täglichen Leben bringt. Es ist deshalb -meiner Meinung nach- notwendig, das Pferd mit seiner Angst zu konfrontieren, um ihm so zu zeigen, dass die Angst in der Vergangenheit zwar durchaus begründet war - im hier und heute aber nicht ist. Was den Umgang mit solchen Pferden betrifft, so ist –meiner Erfahrung nach- Geduld und Konsequenz in Form von ruhiger Beharrlichkeit erforderlich, um den Pferden zu zeigen, dass das Zusammensein mit dem Menschen auch Freude bereiten kann. Das bedeutet immer Arbeit an der eigenen Persönlichkeit.
Durchsetzungsvermögen in Form von sanfter Beharrlichkeit ohne Druck und negative Gefühle (Wut, Zorn) musste ich erst mühsam lernen – ich besuchte Seminare und Workshops zum Thema Persönlichkeitsentwicklung, Gelassenheit, kreative Problemlösung, positives Denken, Unterbewusstsein, Autosuggestion u.v.m. Erst als ich es schaffte, ohne negative Gefühle, geistig völlig frei auf die „Probleme“ meiner Pferde einzugehen, konnten wir diese Probleme gemeinsam lösen – im Sinn und mit dem Willen der Pferde. Um den Zugang zu „vorbelasteten“ Pferden zu finden, ist jede Menge Zeit und Geduld notwendig, jedes überstürzte Handeln führt meist zu einer Verstärkung des Verhaltens, also zu mehr Widersetzlichkeit bzw. mehr Rückzug.

Smokey wurde bevor er zu mir kam von Westerntrainern mit sämtlichen Mitteln eingeritten. Wie ich erst später herausfand, wurde er als „Versuchskaninchen“ für viele Reiter missbraucht, was dem sensiblen Smokey schwer an die Psyche ging. Später wurde er als Freizeitpferd an einen Wochenendreiter verkauft, der kein bisschen auf Smokey einging. Danach kam Smokey im Alter von ca. 9 Jahren zu mir.
Durch viel Geduld und positiven Zuspruch meinerseits hat Smokey über Monate und Jahre hinweg z.B. seinen Sattelzwang (er hat noch heute Narben von dem damals unpassenden Sattel inkl. „Zubehör“) und seine immer wiederkehrenden Panikattacken "besiegt" (oft rannte Smokey kopflos davon oder er „fror“ auf der Stelle fest und war nicht mehr „ansprechbar“). Der anfangs in sich gekehrte, schüchterne, zurückhaltende, ängstliche Wallach wurde nach und nach zu einem selbstbewussten, willensstarken, imposanten und dennoch sensiblen Pferd. Heute strahlt Smokey durch Stolz, Lebensfreude und inneren Glanz. Seine Panikattacken kehren zwar manchmal immer noch wieder, doch es wird mit den Jahren stetig besser.

Beispiele aus der Praxis:

* Sattelzwang
Ich arbeitete vorerst mit Smokey gymnastizierend am Boden um seine Rückenmuskulatur zu stärken und ihm „körperschonende“ Bewegungen nahe zu legen. Durch den unpassenden Sattel waren Teile seiner Rückenmuskulatur „weggeritten“, er hatte Verspannungen und Bewegungsblockaden. Durch das Körperbewusstseinstraining gewann Smokey Vertrauen in mich und mein Tun und sein Selbstvertrauen wuchs. Smokey bekam einen passenden Sattel. Ich massierte ihm viel den Rücken und wir machten Rückenstärkungsübungen aus dem Bereich der Physiotherapie. Ich ließ ihn immer wieder an dem Pad und dem Sattel schnuppern, „turnte“ vorsichtig auf seinem Rücken herum, legte ihm immer wieder vorsichtig das Pad auf, wenn er zurück wich, nahm ich das Pad weg und streichelte ihn lange, ließ ihn wieder schnuppern… irgendwann gewann er Vertrauen und ließ sich (immer freistehend – mein Grundprinzip) satteln. Wenn er einen „schlechten Tag“ hatte und zurück wich, nahm ich Pad und Sattel weg, wir machten erst einmal Schmusestunde oder Bodenarbeit oder Sonstiges, danach ließ er sich meistens FREIwillig satteln. Als er anfing unsere gemeinsamen Ritte zu genießen, wurde der Sattel für ihn ein Zeichen für spannende Abenteuer und Ausflüge – heute freut sich Smokey, wenn ich mit dem Sattel komme, wobei ich immer sehr vorsichtig und behutsam den Sattel auflege und festschnalle, dies erachte ich aber sowieso als Grundvoraussetzung.

* Panik
Wenn ein Pferd wirklich in hysterische Panik verfällt, kann man als Mensch fast nichts „aktives“ machen. „Beruhigende Worte“ bewirken oft das Gegenteil. In Smokey´s Paniksituationen wandte ich mich mir selbst zu, ich ließ einen „inneren Film“ laufen, indem ich sah und spürte wie ich und Smokey voller Gelassenheit jede Situation bewältigten. Dadurch, dass ich Ruhe ausstrahlte und wie ein „Fels“ zu meiner Meinung stand, beruhigte sich auch Smokey meistens wieder. Für mich waren Smokey´s Panikattacken damals eine völlig neue Form einer „Verhaltensstörung“, mit der ich schwer umzugehen wusste. Ich ging mehrere Wochen bei einem Psychologen zur Beratung, dort lernte ich Dinge wie Meditationen, Autosuggestion sowie die Sache mit dem „inneren Film“ und den „positiven Bildern“ – das hat mir sehr geholfen, mit der „Ohnmacht“ in Smokey´s Paniksituationen umzugehen. Ich bin immer mit einem langen Strick (ca. 5m) unterwegs, wenn ich mit Smokey spazieren gehe – das gibt mir Sicherheit und falls Smokey eine unkontrollierte Bewegung macht, kann ich den Strick nachlassen, so dass Smokey sich nicht beengt fühlt, sonder merkt, er kann weg, er wird nicht „auf der Stelle“ festgehalten.

* Resignation/Apathie
Smokey aus seinem „Schneckenhaus“ heraus zu locken war eine große Herausforderung. Anfangs hatte ich das Gefühl als wollte er den Menschen mitteilen „Ich ergebe mich ja – bitte tut mir nicht weh – ich mach auch alles was ihr wollt!“. Durch Übungen, die Selbstvertrauen und Körperbewusstsein vermitteln (siehe auch meine Bildergalerien), bekam Smokey ein Gefühl für seinen Körper. Durch viel Lob und positive Gedanken meinerseits fing Smokey an, sich selbst etwas zuzutrauen, zu bemerken „ich bin auch jemand“ und „meine Meinung zählt“. Smokey verfiel zwar immer mal wieder in seine Unterlegenheitsgesten, doch ich schaffte es immer besser ihn durch spielerisches „Arbeiten“ und positive Verstärkung auf den „richtigen Weg“ zu bringen. Hier war wieder viel Geduld und Selbstkritik von meiner Seite notwendig. Immer wieder stellte ich durch Smokey´s Verhalten fest, welche noch so kleinen Gesten, ja die bloßen Gedanken einen Rückzug und eine Unterwerfungshaltung bei dem sensiblen Smokey auslösten. Jeder noch so subtile „Druck“ ließ Smokey zurück in sein „Schneckenhaus“ verschwinden. Smokey zeigte mir dadurch wie kritisch alle Arten der Anwendung von Druck zu betrachten sind. Das Schlimmste an Smokey´s Rückzug war, er schottete sich dadurch nicht nur von seiner Umwelt ab, sondern auch von seinen eigenen Gefühlen.
Wenn Smokey heutzutage voller Tatendrang und Energie schwierige Aufgaben löst und sich gemeinsam mit mir an hohe Lektionen heranwagt, bin ich einfach nur glücklich und erfüllt von endlosem Stolz über meinen „Helden“, der seine „inneren Blockaden“ besiegt hat.


Meine Lea war anfangs unnahbar und reagierte teilweise aggressiv auf Annäherung - sie hatte Schlimmstes erlebt, ihre Aggression und Abneigung gegenüber Menschen war in einer großen Angst begründet. Ich holte Lea aus pferdeunwürdigsten Haltungsbedingungen zu mir bzw. in einen ausgewählten Stall. Damals (1996) ging mein erster Weg des Umgangs mit Lea über die -scheinbar pferdegerechte- „Dominanzstrategie“ – Lea wehrte sich gegen meine „respektlose Aufdringlichkeit“ immer wenn es um Treiben, Weichen oder Auf-den-Rang-verweisen ging. Ich versuchte über Monate hinweg viele verschiedene „Methoden“, immer auf der Suche nach der „richtigen“. Ich machte viele Fehler, was ich leider erst im nachhinein erkannte. Erst als ich von allen Methoden abließ, an mir selbst arbeitete und Lea so wie sie ist respektierte, stellte sich eine Verbesserung ihres Verhaltens ein. Durch Einfühlsamkeit, Ruhe, sanfte Konsequenz, positive Verstärkung und mein „im Sinne des Pferdes handeln“ wurde Lea zugänglich und selbstsicher. Lea ist eine sehr willensstarke, temperamentvolle Persönlichkeit, sie strahlt Besonnenheit, Weisheit und gleichzeitig Eleganz und Willensstärke aus. Keiner vermochte Lea zu „brechen“ – heute ist mir Lea eine zuverlässige, absolut vertrauenswürdige Partnerin und zwar dadurch, dass ich sie als einzigartige Persönlichkeit respektiere.

* Gegenwehr
Ein Pferd greift nur in einer absoluten Notsituation an, also dann, wenn es sein Leben und seine Gesundheit in Gefahr sieht. Bis heute sind mir in meinem ganzen Leben nur 2 Pferde begegnet, die wirklich angriffen – die meisten Pferde versuchen sich im Rückzug. Der Vollständigkeit halber möchte ich das Thema Angriff bzw. aggressive Gegenwehr dennoch ansprechen.
Als ich merkte, dass Lea schon bei kleinsten „Anweisungen“ zur Gegenwehr mit Hufen und Zähnen überging (z.B. wenn ich sie aus dem Offenstall hinaus dirigieren wollte, um zu misten) „bewaffnete“ ich mich zu meiner eigenen Sicherheit mit einem Seil (natürlich ohne Metallhaken), um Lea von mir fern zu halten, damit sie mich nicht verletzen konnte. Ohne jede Gefühlsregung meinerseits, ohne Lea auch nur anzusehen, betrat ich in aller Ruhe mit dem bedächtig vorwärtskreisenden Seil den Stall und richtete meine gesamte Aufmerksamkeit auf die Misthaufen. Lea merkte irgendwann, dass ich keinen Angriff auf sie vorhatte und sie auch nicht „unterdrücken“ wollte, sondern dass es mir lediglich darum ging, meine Arbeit (in dem Fall das Misten) zu erledigen. Lea fühlte sich deshalb nicht respektlos behandelt und machte mir bald gerne aus freiem Willen Platz. Nach einiger Zeit und viel gemeinsamer „Arbeit“ war Lea so weit „kuriert“, dass wir sogar ein Spiel aus ihrem Angriffsverhalten entwickelten, was Lea sehr half, ihre Aggressionen auszulassen ohne jemandem zu Schaden und außerdem ihr Selbstbewusstsein stärkte. Dieses Spiel aus Jagen, Gejagtwerden, Steigen, gemeinsam Laufen ist heute immer noch Lea´s Lieblingsspiel. Dazu möchte ich unbedingt nocheimal betonen: dies ist meine persönliche Art und Weise - ich möchte mein hier beschriebenes Handeln nicht als Rezept oder Anweisung weiter geben, da bei Pferden, die wirklich angreifen, immer ein großes Risiko für den Menschen besteht – was ich am eigenen Körper spüren musste.

* Ignoranz
Lea ignorierte mich anfangs oft völlig, wenn sie mich nicht ignorierte, ging sie weg von mir und ließ sich nicht anfassen – sie war nicht an einer Kommunikation mit mir interessiert. Zuerst hörte ich auf einen Ausbilder, ich sollte Lea zu mir „zwingen“… das tat ich dann auch, doch es erfüllte mich und Lea mit einem Gefühl der Anspannung und des Unwillens – das war für mich nicht das Richtige. So fing ich an mit Geduld zu probieren und machte mich „interessant“ – ich fing an im Paddock mit Planen, Luftballons, Klapperdosen und anderen Sachen zu spielen – niemals Lea zugewandt, sondern ganz mit mir selbst. Anfangs beobachtete Lea das aus der Ferne, doch irgendwann wurde die Neugier größer und Lea fing an mit mir zu Spielen. Lea erkannte, dass es durchaus Spaß bringt, sich mit mir zu Beschäftigen und dass meine täglichen „Besuche“ ein willkommene Abwechslung zum Grasen bedeuteten. So wurden Lea und ich Spielpartner.

Die von mir beschriebenen Beispiele, überschneiden sich natürlich allesamt in ihrer zeitlichen Ausführung bzw. laufen parallel, was mir aber in Form einer schriftlichen Aufstellung nicht möglich ist, konkret darzustellen. Ich bin gerne bereit, eingehende Fragen dazu zu beantworten oder noch andere Beispiele anzuführen.

 
     
 
 
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