Aufgekommene Fragen...

 
   
     
 
 
     
  Ich wurde gefragt:  
  [...] wenns ganz hart auf hart kommt, kann ich mich leider manchmal nicht beherrschen, fühle mich überfordert und so muss ich gestehen passiert es leider immer wieder, dass ich die gerte auch missbrauche und dadurch ist meine arbeit natürlich sofort wieder kaputt gemacht. aber viel schlimmer was mir dann auch so weh tut: das vertrauen ist weg, weil ich so ja nicht konsequent immer handel und deshalb habe ich oft so ein schlechtes gewissen, dass ich manchmal gar nicht weiß wie ich dem pferd den nächsten tag gegenübertreten soll.
richtig krass ist dann noch, dass ich die anderen sportreiter die so mit ihren pferden umgehen verachte und da ist mir dann halt auch klar sowas nicht passt. aber ich weiß auch hier leider nicht wie ich es schaffen soll mich da wirklich immer und in jeder situation so unter kontrolle zu halten hast du vielleicht auch mal so ein problem gehabt?
das finde ich ja auch nur richtig schade wenn man so ein problem hat wo soll man hingehen um sich da helfen zu lassen ich bin da ja auf jeden fall bereit zu aber annahernde professionelle hilfe zu finden ist in deutschland ne ganz schöne katastrophe nach dem die "pferdeflüsterer" so komerziell und meist auch geldgeil geworden sind [...]
 
     
  Meine Meinung dazu:  
  Was Du in den nächsten Zeilen schreibst, ist mir aus eigener Erfahrung gut bekannt. Ich kann mich gut in Dich hineinfühlen. Es sind jene Situationen, die einem entgleiten, weil man entweder gestresst ist oder überfordert oder weil sich das eigene Ego in den Vordergrund stellt.
Oft ist aggressives Handeln, das in einem solchen Moment refelexartig geschieht, begründet in einem Mangel an Selbstvertrauen bzw. in diversen Fällen Minderwertigkeitsgefühlen. Im Nachhinein bereut man das Verhalten, doch weiß nicht recht wie man damit umgehen soll. Glaub mir, Du bist mit diesen Gefühlen nicht allein! Es ist uns allen schon passiert, dass wir anders gehandelt haben als wir gewollt hätten.

Alle Lebewesen haben psychologische Grundbedürfnisse, das bedeutet wir wollen geachtet werden, wir wollen respektiert werden, wir wollen "wichtig" sein. Das ist von Geburt an für jedes Lebewesen überlebenswichtig und deshalb auch tief im Unterbewusstsein verwurzelt. Wird nun eines dieser Grundbedürfnisse (scheinbar) verletzt, stellt sich bei Menschen, die von ihrer eigenen Energie und ihren eigenen Gefühlen in diesem Moment "abgeschnitten" sind, ein Automatismus ein (in der Psychologie als Kontrolldrama bezeichnet). Diesen Automatismus gilt es zu durchbrechen, durch Bewusstmachung der Gründe für das Fühlen und Handeln. Es gibt aktive und passive Automatismen, um jetzt nicht in psycholigische Fachbegriffe zu verfallen, möchte ich dieses kurz vereinfacht an Hand von zwei Beispielen erklären:

aktives "Kontrolldrama":
z.B. ein Mensch fühlt sich von seinem Pferd nicht beachtet, das Pferd interessiert sich für andere Dinge mehr (psychologisches Grundbedürfnis des Menschen nach Beachtung wird verletzt). Dafür gibt der Mensch dem Pferd einen Klaps (bis hin zu Schlägen). Grund für den Klaps war nun nicht vordergründig das Handeln des Pferdes, sondern das Minderwertigkeitsgefühl des Menschen, entstanden durch die Nichtbeachtung durch das Pferd.

passives "Kontrolldrama":
ein Mensch möchte, dass das Pferd z.B. eine Brücke überquert - das Pferd weigert sich. Sofort zieht sich der Mensch in sein unnahbares "Armes-Ich-Denken" zurück, und glaubt, das Pferd vertraut ihm nicht, der Mensch denkt "ich bin ein Versager" und gibt auf. Hintergrund für das Aufgeben der Herausforderung war nun nicht das Handeln des Pferdes, sondern wieder das Minderwertigkeitsgefühl des Menschen.

Bei beiden Kontrolldramen wird eine vertrauenswürdige Beziehung nicht möglich sein. *** Anmerkung: in der Psychologie werden vier verschiedene Kontrolldramen beschrieben, zwei aktive und zwei passive, die sich verschiedenartig auswirken - darauf möchte ich jedoch nicht im Detail eingehen ==> zum Weiterlesen: "Die Prophezeihungen von Celestine" und das zugehörige Arbeitsbuch "Die Erkenntnisse von Celestine" von James Redfield sowie "Der Weg mit Pferden - ein Weg zu mir" von Susanne E. Schwaiger.

Um diesen Automatismus zu durchbrechen, müssen wir uns unser Verhalten und die Gründe dafür bewusst machen! Wie bereits erwähnt sind unsere psychologischen Grundbedürfnisse lebenswichtig. Doch der Weg um die Bedürfnisse zu stillen ist entscheidend. Ein Mensch, der über viel Selbstvertrauen und Körperbewusstsein verfügt, wird kaum in ein Kontrolldrama verfallen. Er hat es nicht nötig, die "Energie" anderer Lebewesen an sich zu binden - er ist innerlich mit seiner eigenen Energie verbunden, so dass er keine "Bestätigung" von ausserhalb benötigt - er achtet und respektiert SICH SELBST. Deshalb bedeutet die "Arbeit" an einem Kontrolldrama auch gleichzeitig eine Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen. Ganz frei ist wohl niemand von solchen Automatismen, vor allem in Stresssituationen zeigt sich so manches Kontrolldrama. Doch es ist eine große Bereicherung der Lebensqualität solche Kontrolldramen wenigstens im Alltäglichen in den Griff zu bekommen.

Zum Praktischen betreffend aktiven Kontrolldrama wie Du es beschreibst:
Ich gehe jetzt einmal von einer Pferd-Reiter-Situation aus: der Reiter will im Gelände nach links abbiegen, das Pferd möchte geradeaus nach Hause. Nach einigem hin und her beginnt nun der Reiter zu schreien und evtl. das Pferd zu schlagen. Was ist nun der Grund für das Handeln des Reiters? Es geht sicherlich nicht darum eine sachliche Situation zu klären. In einem solchen Moment fühlt sich der Reiter "ungeliebt" und "unwichtig" - er meint die Aufmerksamkeit und das Vertrauen des Pferdes haben zu müssen um seine psychologischen Grundbedürfnisse befriedigt zu wissen. Verstehst Du was ich meine? Dem Reiter geht es nicht darum, das Pferd mit sinnvollen reiterlichen Hilfen in eine bestimmte Richtung zu lenken, sondern vielmehr darum, die ihm (wie er meint) "geraubte Energie" durch Erniedrigung des Pferdes zurück zu gewinnen. Quasi ein Rachefeldzug auf Gefühlsbasis - "Du verletzt meine Gefühle, ich erniedrige Dich dafür". Was ich damit sagen möchte: es ist wichtig, die Motivation zu hinterfragen.
Wenn Du nun in eine Situation kommst, in der Du aggressiv gehandelt hast, dies aber nicht wolltest, solltest Du als allererstes Abstand gewinnen - tief durchatmen - Dich zurückziehen und nachdenken:
Was war das Gefühl hinter meinem Handeln?
Warum habe ich so gehandelt? - hatte es wirklich unmittelbar mit dem Pferd zu tun oder vielmehr mit einem (Minderwertigkeits-)Gefühl meinerseits?
Wenn ich das Wort "Minderwertigkeitsgefühl" verwende, so meine ich das keineswegs abwertend - jeder Mensch hat mehr oder weniger Probleme mit seinem "Ego".

Auf Turnieren oder nach Reitstunden konnte ich Menschen in aktiven Kontrolldramen oft beobachten: Da wird das Pferd nach einer nicht so guten Leistung im Nachhinein verprügelt. Wohl kaum um eine Sachlage zu klären (ist ja so gar nicht möglich), sondern um dem Reiter das Gefühl der Niederlage am Pferd auszulassen, das Pferd zu erniedrigen um dadurch einen scheinbaren Ausgleich für seine Gefühlsverletzung zu erhalten. Dass Pferde auf solches Verhalten mit Verwirrtheit, Angst und Panik reagieren ist wohl klar. Das Schlimmste in vielen Fällen: die Reiter bereuen ihr Verhalten nicht, sondern sind stolz darauf es "dem Bock mal gegeben zu haben". Solche Menschen sind für mich das Letzte! Nur mal so am Rande erwähnt - denn es ist leider immer noch so, dass viele Menschen nicht bereit sind an sich zu arbeiten, sondern lieber andere Lebewesen manipulieren und erniedrigen, um an für sie "große Gefühle" zu gelangen. Nicht gerade ein ehrbarer Weg, oder!?

Gut beobachten kann man so einen Automatismus auch, wenn sich Menschen streiten. Geht es nicht mehr um die sachliche Klärung der Situation, sondern um einen "Rachefeldzug der Gefühle" so ist ein Kontrolldrama am Werk.


In den Anfangsphasen der Auseinandersetzung mit dem Kontrolldrama, wird es so sein, wie Du es beschreibst: im Nachhinein wirst Du bemerken, dass Du aus einem Egogefühl heraus gehandelt hast, ohne "sachlich" zu sein. Das ist der erste und wichtigste Schritt zur Bewältigung des Kontrolldramas: das Erkennen und Wahrnehmen. Glückwunsch! Diesen schwierigen Schritt hast Du schon geschafft!

Vielleicht möchtest Du ein Tagebuch führen, so lässt sich ein "roter Faden" herausarbeiten.
Beanworte Dir z.B. folgende Fragen:
In welchen Situationen (nicht nur in Bezug auf Pferde) gerate ich unter "Egostress" und Überforderung (was ein Minderwertigkeitsgefühl auslöst)?
Wie verhalte ich mich dann genau?
Was war der WIRKLICHE Grund für meine negativen Gefühle - was steckt wirklich dahinter?
Warum "verletzt" mich das so? (evtl. Erfahrungen aus der Kindheit? Ein ähnliches Erlebnis, wobei Du Dich schlecht gefühlt hast? Eine erlebte "Erniedrigung" in einem anderen Lebensbereich, z.B. Arbeit, Schule, usw.?)
Wovor habe ich Angst?
Was kann ich aus dieser Situation für meine persönliche Entwicklung lernen?

Dann ist es wichtig, dass Du Dir eine "Plan" machst, wie Du künftig, früher bemerkst, dass sich ein Kontrolldrama einstellt. Somit wirst Du immer früher wahrnehmen, dass sich Kontrolldrama ankündigt.
Bist Du nun mitten in einem Kontrolldrama und schaffst es einen klaren Gedanken zu fassen - so ziehe Dich zurück, atme tief durch, beruhige Dich.
Erst wenn Du Dich beruhigt hast, gehst Du zu Deinem Pferd zurück, streichelst es sanft und beendest für heute die "Arbeit". Dabei darfst Du Dich selbst sehr viel loben - es ist ein großer "Schritt" hin zu einer freien Persönlichkeit ein Kontrolldrama zu durchbrechen.
Bald wirst Du bemerken, dass sich ein Kontrolldrama durch gewisse Gefühle und auch durch bestimmte körperliche Veränderungen (z.B. Verspannungen) ankündigt - dann kannst Du Dich sofort zurück ziehen, tief durchatmen, Dir Selbstvertrauen zusprechen und Dich mit Deiner eigenen Energie verbinden - Du bist nicht abhängig von der Energie anderer.

Menschen, die mehr oder weniger von "aktiven" Kontrolldramen beherrscht werden, sind oft tief drinnen Führungspersönlichkeiten mit Qualitäten wie Klarheit, Souveränität, Beherrschung, Willensstärke und Entschlossenheit. Wir müssen nur den Weg finden uns mit der eigenen inneren Energie zu verbinden, also uns selbst das geben, was wir von aussen erwarten - das heißt uns selbst sagen, dass wir eine einzigartige Persönlichkeit sind, voller Selbstvertrauen und positiver Ausstrahlung.
Indem Du gleichzeitig an Deinem Selbstvertrauen "arbeitest" - wirst Du es schaffen, Dir Deine eigene Kraft bewusst zu machen und unabhängig sein von der Energie anderer. Mache Dir immer wieder Deine Stärken und Talente bewusst. Lobe Dich selbst. Bringe Dir selbst und auch Deinem Pferd größte Wertschätzung entgegen. Hab Geduld mit Dir selbst, kein Mensch ist "perfekt" - jeder macht Fehler, indem man Fehler erkennt und das Verhalten hinterfragt, kann man sich geistig und seelisch weiter entwickeln. Lobe Dich für das Erkennen des Fehlers und verspreche Dir selbst, das nächste Mal wirst Du es besser machen.


Im Übrigen sind in Deutschland Kontrolldramen sehr weit verbreitet. Das liegt wohl an der deutschen Leistungsgesellschaft. Bereits Kinder stehen unter Druck - meistens entwickeln sich diese Kontrolldramen in der Kindheit. Doch als erwachsener Mensch ist man besser fähig, sein Verhalten zu hinterfragen und deshalb kann man die Chance nutzen, sich von diesen Kontrolldramen zu lösen. Lohn ist ein geistig freier Mensch, der seine Stärken und Schwächen kennt, sich so akzeptiert wie er ist und ständig bestrebt ist, sich im Leben weiter zu entfalten.


Ich möchte meinen Webtipp nochmal wiederholen: Schau doch mal unter www.zeitzuleben.de - da wirst Du viele Artikel und Buchtipps finden bezüglich "Selbstbewusster werden", "Kommunikation", "Kreative Problemlösung", "Unterbewusstsein" und vieles, vieles mehr.


In Bezug auf Pferde möchte ich Dir raten, weiterhin an Dir selbst zu arbeiten. Meine Erfahrungen sind jene, dass sich Pferde voller Vertrauen freiwillig an "geistig freie" Menschenpersönlichkeiten anschließen. Viele Menschen, die Probleme mit ihren Pferden hatten, wurden die Pferdeprobleme "von selbst los" , als sich ihre Persönlichkeit entfaltete.

Ich wünsche Dir von Herzen viel Glück... sei beharrlich in Deinen Bemühungen, doch sei nicht zu streng mit Dir. Entwicklung braucht Zeit!
 
     
 
 
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