Erlebnisse, Erfahrungen, Erkenntnisse

 
   
     
 
 
     
  Auszug aus meinem Tagebuch:  
  Pferdezahnpflege / Pferdezahnarzt / Pferdedentalpraktiker
16. April 2009
 
     
     
   
Heute war Pferdedentalpraktiker Herr Brand zur regelmäßigen Zahnkontrolle bei uns. Wie immer lief alles ruhig, gelassen und in freundlicher Atmosphäre ab. Herr Brand begrüßte die Pferde mit höflicher Geste. Lea und Smokey bekamen -wie immer- von Herrn Brand erst mal eine Nascherei zugesteckt.
Dann kontrollierte Herr Brand die Zähne meiner Pferde und erklärte mir Einiges dazu. Die Pferde bekamen zwischen der Kontrolle und Behandlung immer wieder Pausen sowie Leckereien als Belohnung. Bei Lea mussten die Vorderzähne in Form gebracht werden, die Backenzähne waren weitgehend in Ordnung. Bei Smokey brauchten insbesondere die Backenzähne eine Bearbeitung mit der Raspel.
Herr Brand ging dabei stets bedacht und ruhig vor. Er redete mit ruhiger, jedoch kräftiger Stimme mit den Pferden und war voll präsent. Er arbeitete präzise und genau. Wann immer ein Pferd unruhig wurde, bekam es eine Pause. Wenn es ruhig stillhielt, bekam es ein Leckerli (was wiederum im Anschluss eine Pause bedeutete - schließlich musste gekaut werden ;-). Herr Brand prüfte nach der Behandlung sein Ergebnis, und zwar nicht nur mit den Augen, sondern auch fühlend mit den Händen. Ich war -wie immer nach dem Besuch von Herrn Brand- vollends zufrieden, meine Pferde auch. Es kam keinerlei Unruhe auf und dennoch wurde die Behandlung erfolgreich, präzise und detailliert ausgeführt.
Außerdem bekam ich von Herrn Brand einige hilfreiche Ratschläge in Sachen Heilkräuter.
 
     
 

 Etwas über Pferdezähne

Text mit freundlicher Genehmigung von:

Pferdedentalpraktiker
Joachim Brand
Hassbergstrasse 11
97488 Stadtlauringen / Birnfeld
Tel. Mobil: 0172/4816188
Telefon: 09724 907388


Das Pferdegebiss ist auf ein rohfaserreiches, hartes und wenig gehaltvolles Futter spezialisiert.

Die Pferdezähne funktionieren wie selbstschärfende Mühlsteine: die Kauflächen weisen hierzu harte Schmelzfalten mit dazwischenliegenendem weichem Dentin auf. Der Abrieb der Zähne liegt pro Jahr bei 2 bis 9 Millimetern.

Die Schneidezähne werden bei unserer Stall- und Weidhaltung nicht annähernd so stark abgenutzt wie die eines Wildpferdes, das drei Viertel des Jahres Rinde, Graswurzeln, verholztes Gras etc. abnagen muss. Daher werden die Schneidezähne (der Hauspferde) mit zunehmendem Alter zu lang und rücken sich im spitzen Winkel nach vorn.

Von Haus aus ist das Pferd darauf eingerichtet vom Boden zu fressen –sonst wäre es als Giraffe auf die Welt gekommen.
Frisst das Pferd vom Boden, so decken sich Ober- und Unterkiefer. Backen- wie Schneidezähne werden gleichermaßen abgenutzt. Nimmt das Pferd den Kopf hoch, so fällt der Unterkiefer um circa 5 Millimeter zurück. Das kann jeder mit Leckerlis nachprüfen. Lässt man ein Pferd permanent aus hohen Heuraufen oder Heunetzen fressen, so bleibt am ersten Backenzahn des Oberkiefers und am hintersten Backenzahn des Unterkiefers ein Haken stehen. Die beiden mittleren Oberkieferschneidezähne werden ebenfalls zu lang. Probleme hat so ein Pferd dann beim Grasen und beim Fressen vom Boden. Abgesehen davon, dass diese Haken die gegenüberliegende Kieferseite verletzen können.

Schwerwiegende Probleme treten beim Reiten auf, da bei verlangter Versammlung das Gebiss in der Längsachse blockiert ist und es zu Schmerzen im Kiefergelenk kommen kann. Kopfschlagen, Steigen, etc. sind die logische Folge. Oft hilft sich das Pferd durch Maulaufsperren, da so das Gebiss entriegelt wird. Je weiter hinten im Maul die Blockade sitzt, desto weiter muss das Maul zum Entriegeln aufgesperrt werden.

An der Außenseite der Backenzähne des Oberkiefers und der Innenkante derer des Unterkiefers bilden sich manchmal regelmäßig scharfe Spitzen, die das Maul verletzen können – auch beim Wildpferd, auch bei jungen Fohlen. Auf diese Spitzen drücken übrigens alle Reithalfter, wenn sie steif sind und eng verschnallt sind – ebenso die gebisslosen Zäume, egal ob Bosal oder mechanische Hackamore. Diese Spitzen bilden sich, durch den Bau der Backenzähne und den Abrieb bedingt, immer wieder neu und gehören ein oder zwei Mal im Jahr entfernt.

Normalerweise gehören Pferdezähne zwei Mal im Jahr kontrolliert. Falsch ist die Meinung, junge Pferde und Fohlen bräuchten keine Zahnbehandlungen. Untersuchungen haben ergeben, dass bereits die Hälfte der halbjährigen Fohlen extrem scharfe Backenzähne haben.

Beim Menschen werden kieferothopädische Maßnahmen bei Kindern durchgeführt. Beim Pferd finden bis zum sechsten Lebensjahr massive Umbauvorgänge im Gebiss statt: Durchbruch der Milchzähne, der permanenten Zähne; Abstoßen der Milchzähne etc. . Probleme ergeben sich durch strecken bleibende Milchzahnkappen, Abdrängen der permanenten Zähne durch die Milchzähne, Platzmangel im Kiefer, verzögertes Knochenwachstum, usw.

Ungefähr zwei Monate nach dem Ausfallen der Milchzahnkappen kann man damit rechnen, dass die Außenkante der betroffenen Zähne messerscharf ist. In diesem Alter handelt es sich in der Regel um keine großen Eingriffsaktionen, die sich aber langfristig stark auswirken können.

Bei 6 bis 18 jährigen Pferden hat die Fütterung einen großen Einfluss auf die Behandlungsintervalle: Stroh und Heu beliebig zur Verfügung, Kraftfutter maßvoll und niedrige Fresshaltung ergibt in der Regel einen Behandlungsrythmus von 1 Jahr. Kein Stroh, kaum Heu, dafür Pellets etc. en masse… und man muss alle 4 bis 6 Monate mit der Raspel an die Zähne ran.

Bei alten Pferden handelt es sich bei der Zahnbehandlung meist nur noch um Schadensbegrenzung: Haken, Rampen, Meißelzähne, Wellengebisse, Scherengebisse, etc. sind Zustände, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Zumeist muss sich eine Behandlung darauf beschränken, nur zu entfernen, was weh tut und beim Kauen stört. Übrigens arbeite ich bei größeren Schäden in der Regel mit Folgeterminen, um keine allzu großen Änderungen im Maul auf einmal vornehmen zu müssen.

Irgendwann ist jeder Pferdezahn aufgebraucht und fällt aus oder wackelt und muss gezogen werden. Das ist aber nicht das „Aus“ fürs Pferd – mit Heucobs, Mash, Brei, etc. können solche Pferde noch jahrelang zufrieden leben.

Anzeichen für Störungen im Gebiss gibt es viele – und wenn sie auftreten, ist es meist schon sehr spät:

Heuwickel im Futtertrog, Auspolstern der Backen, Gestank aus dem Maul, Unterbrechen beim Kauen, schlechtes Fell, schlechte Hufe, Abmagerung, Stoffwechselstörungen aller Art…

Reitprobleme: Kopfschlagen, Wehren gegen das Gebiss, Maulaufsperren, Steigen, Hirschhals, Rückenprobleme, einseitige Steifheit…

Eigene Kontrolle ist in einem gewissen Maß möglich:

Zunge des Pferdes hochstellen und Kontrolle der ersten Backenzähne auf Spitzen – dabei weder sich selbst noch das Pferd verletzen.
Test auf Kontakt der Backenzähne durch seitliches Verschieben des Unterkiefers: hat man ein oder gar beidseitig kein Mahlgeräusch, so funktioniert das Zerkleinern des Futters auf dieser Seite nicht und die Schneidezähne sind zu lang.
Bei älteren Pferden kann bei zu langen Schneidezähnen das Zahnfleisch rot und geschwollen sein.
Ein bisschen sollte man auf die Farbe des Zahlfleisches achten: Gelbes Zahlfleisch = Leberprobleme, blasses Zahnfleisch = Anämie, Herz, etc.

Auf der sicheren Seite ist man bei zweimaliger Kontrolle im Jahr. Beim Militär hieß es schon vor über fünfzig Jahren, „einmal im Jahr“ und das gewiss nicht aus übertriebener Tierliebe.

copyright JOACHIM BRAND

 
     
 
 
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